Gestern Abend habe ich an einem Event teilgenommen, bei dem in einer Gruppe ambitionierter und hochmotivierter Menschen sogenannte Narrative entwickelt wurden. Und zwar #CoroNarrative. Die Gruppe rund um Oliver Ewinger, Steffi Maaß und Katharina Nolden, lud bereits zum zweiten Mal ein und abgesehen davon das ich über dieses tolle Format eine Menge toller Menschen kennengelernt habe, triggert es auch jedesmal wieder auf’s Neue etwas bei mir an.
Während der Veranstaltung, hat Teresa Werner einen sehr anschaulichen und einprägsamen Impulsvortrag zum Thema Vorurteile und Narrative und was die beiden voneinander unterscheidet gehalten. Ich kann im Detail gar nicht mehr sagen WAS genau mich so angetriggert hat, vielleicht der Impuls das wir dringen eine neue Aufklärung benötigen (wurde von ihr nur am Rand erwähnt und das sie gerade was dazu schrebt)? Wie schnell wir manipulierbar sind? Oder einfach das ganze Paket: die Sichtweisen einer jungen Frau, die die Dinge nicht stehen lässt, sondern hinterfragt und dabei ihre eigene Meinung vertritt. Hier kommt jetzt auch der Übergang zu meinem Thema. Vielleicht etwas holprig, vielleicht nicht schlüssig aber irgendwie passend zu dem, was Teresa sagte und ein Gefühl, dass ich mit in die Sessions trug wurde, ein kleines Gefühl, das keimte.
Ziel der Veranstaltung ist es, neue Narrative zu entwickeln. Ich habe schon festgestellt, dass ich dabei nicht besonders gut bin, bzw. hatte ich bisher noch keine Eingebung, die wirklich richtig gut war, aber alleine das darüber nachdenken ist so gewinnbringend, ebenso wie der Austausch mit den anderen Teilnehmern.
Los ging es also in der ersten Runde. Genutzt wurde ein Format aus den Liberating Structures und zwar das 1-2-4-all Format. In der allerersten Runde schrieb ich also mein erstes eigenes Narrativ. Zusammengesetzt aus Themen, die mich gerade beschäftigen und im Kopf die Impulse von Teresa, die Zeit dafür 1-2 Minuten. Schnell musste es gehen. Ich schrieb:
„Deine Haltung entscheidet die Zukunft. Nutze dein Potential“
In den folgenden Meetings wurde dann daraus: „Dein Potential entscheidet die Zukunft“. Warum? Eine der Teilnehmerinnen, hatte ein Problem mit dem Wort Haltung und verwies unter anderem auf Wikipedia und die Nähe von Haltung zu Gesinnung. Dort steht folgendes unter dem Eintrag Haltung folgendes:
„Haltung, Grundhaltung oder Denkweise einer Person, siehe Gesinnung“ Gesinnung „Die Gesinnung ist die durch Werte und Moral begrenzte Grundhaltung bzw. Denkweise eines Menschen, die den Handlungen, Zielsetzungen, Aussagen und Urteilen des Menschen als zugrunde liegend betrachtet werden kann. Ob die Gesinnung oder die Tat selbst die Sittlichkeit einer Handlung ausmacht, ist ein Problem der Ethik.“ Der österreichische Philosoph Rudolf Eisler bezeichnete Gesinnung als: „Sinnesweise, Willenshabitus, dauernde Willensrichtung, die Motivation des Handelns in ethischer Hinsicht, die gefühlsbetonten Vorstellungen, aus denen der Wille entspringt.“ – Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 383.<1>
Quelle (1/2)
Ich habe mir seit dem Workshop Gedanken zu dem Wort Haltung gemacht und möchte diese mit euch teilen. Also, mein umgangssprachliches Verständnis von Haltung. In welchem Zusammenhang ich das Wort benutze, fernab von philosophischen und wissenschaftlichen Diskussionen.
Was ich unter Haltung verstehe, ist meine Position und mein Verständnis in Zusammenhang mit einer Sache oder einem Thema. Es ist nichts festes und optimalerweise passe ich meine Haltung bei zunehmendem Wissen über eine Sache oder ein Thema auch an und forme sie weiter, feile an ihr, innerhalb meines Wertesystems. Wenn ich zu etwas Haltung beziehe, dann habe ich eine Position dazu und vertrete meine Sichtweise. Offen, im Austausch.
Wann begegnet uns der Begriff Haltung im Leben? Hier zum Beispiel: Erst vor kurzem gab es eine positive Reaktion, als ein Unternehmen öffentlich Haltung bezog. So letzte Woche geschehen, als Kaufland im Zusammenhang mit einem verwirrten ABCXY-Promi Position bezogen hat und sich von einer Werbekampagne distanzierte. Starke Haltung lass ich auf Twitter und dachte dasselbe. Haltung zu beziehen hat etwas damit zu tun, die eigene Position zu klären. Die Position sichtbar und hörbar zu machen.
Ich denke, dass wir allzu selten Haltung beziehen und uns Themen stellen. Egal in welchem Zusammenhang und in welchem Diskurs. Für mich ist Haltung zu beziehen erst einmal etwas Positives, ein Einstieg in einen Austausch, vielleicht aber auch um jemanden zu schützen, indem ich „bis hierher und nicht weiter“ sage. Welchen Begriff soll ich denn dafür nutzen, wenn es nicht meine Haltung ist?
Haltung beziehen heißt für mich auch, ich bin mir meiner Verantwortung bewußt, zu verstehen, die Dinge nicht zu ignorieren und von mir und meinem Leben zu entkoppeln. Haltung beziehen ist nichts einfaches, leichtes. Haltung zu beziehen hat für mich viel mit Aufbruch zu tun, damit ich mich den Dingen, vor allem den Unangenehmen, zu stellen. Handlungen und Verhalten auf Basis von Informationen in mein Wertesystem einzuordnen. Es ist ein Privileg das ich habe, ein hohes Gut. Ein politisches und gesellschaftliches Privileg. Haltung zu zeigen hat für mich mit Augen öffnen zu tun. Die Dinge anzuschauen wie sie sind und zu prüfen ob ich es ertragen kann wie sie sich darstellen.
Wenn ich es nicht ertrage und wenn ich es nicht aushalte, was soll ich dann tun? Mein Potential entfalten? Nein. Dann muss ich Haltung beziehen und laut aussprechen was meine Position zu dem Thema ist. Und das ist für mich der Hauptpunkt: Wenn ich meine Position zu einem Thema, einem Sachverhalt eingenommen habe, dann ist es die Haltung, die diese nach außen sichtbar macht. Der Begriff Haltung wird nämlich immer dann verwendet, wenn etwas nach draußen getragen, veröffentlicht wird. So wie bei oben aufgeführtem Beispiel von Kaufland. Das Unternehmen hat eine klare Position innerhalb ihres Wertesystems bezogen und dann Haltung gezeigt durch die öffentliche Stellungnahme.
Vielleicht ist aus diesem Grund Haltung auch doppelt belegt. Für mich ist es wichtig über eine bestimmte Körperspannung zu verfügen. Die richtige Haltung auch beim Sitzen einzunehmen. Haltung als Begriff innerhalb der Körpersprache. Aber das wiederum, ist eine ganz eigene Geschichte.
Selbstverständlich gibt es das auch als Negativ-Beispiel, bspw. wenn jemand eine starre Haltung an den Tag legt, indem die Person bspw. innerhalb ihres Wertesystems nicht abrückt von seiner Position, obwohl (es nach meinem Wertesystem) offensichtlich ist, dass sie damit falsch liegt.
Das ist es für mich. Ich bin nicht gut in Diskussionen. Ich habe auch nichts Geisteswissenschaftliches studiert. Vielleicht gehe ich hier auch einem Begriff auf den Leim, der von allen anderen Menschen anders oder gar nicht genutzt wird. Aber das glaube ich nicht.
Max Weber zumindest unterscheidet nach Gesinnungsethik und Verantwortungsethik. Und auf die Schnelle und verkürzt würde ich jetzt sagen wollen oder rauslesen wollen, dass die Gesinnungsethik die Gesinnung beschreibt in dem Sinn das diese eher ideologischen Prinzipien folgt während der Verantwortungsethik Entscheidungen auf normativer Basis zu Grunde liegen.
Ich bewege mich innerhalb sozialer Systeme und es ist ein Privileg und meine Pflicht, Haltung zu zeigen und Position zu beziehen, auf Basis rationaler Entscheidungskriterien. Aber damit mache ich es mir sicherlich zu einfach und wie schon oben beschrieben: ich bin keine Geisteswissenschaftlerin sondern nutze das Wort Haltung möglicherweise umgangssprachlich in oben beschriebenem Sinn.
Und so möchte ich es auch gerne weiter benutzen dürfen.
Ich freue mich auf anregende Diskussionen und Impulse.
Eure Gabriele
Quellenangaben:
Mehr zum Thema Narrative erfahren und weiterführende Links:
Hier gibt es eine tolle Podcastfolge mit Christiane Brandes-Viesbeck zu diesem Thema.
Hier geht es zur Website von Teresa Werner
Und hier ist der Link zum Twitteraccount von #CoroNarrative
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